Am 2. Mai 2011 wurde die von 637 Stimmberechtigten unterzeichnete Initiative zur Wiedereinführung des Einwohnerrates in Birsfelden eingereicht. Die Gemeindeversammlung vom 20. Juni 2011 stimmte der Einführung des Einwohnerrates zu und forderte den Gemeinderat auf, die notwendige Revision der Gemeindeordnung vorzubereiten. Über die revidierte Gemeindeordnung hatte die Gemeindeversammlung vom 31. Oktober 2011 zu beschliessen. Die Mehrheit lehnte die Revision ab, weil sie offenbar gegen die Einführung des Einwohnerrates war. Bei genauem Studium des Gemeindegesetzes kommt man zu folgenden Schlüssen:
§49a äussert sich explizit über eine Initiative zur Wiedereinführung des Einwohnerrates. Absatz 3 hält fest, dass keine Erheblicherklärung der Initiative notwendig ist. Die Zustimmung der Juni-Gemeindeversammlung wurde vom Gemeindepräsidenten gemäss seiner Aussage in der Oktober-Gemeindeversammlung aber explizit als Erheblicherklärung eingestuft.
Die Behandlung der Initiative richtet sich nach den §§ 122 und 123 des Gemeindegesetzes. §122 sagt aus, dass mit dem nichtformulierten Begehren – und darum handelt es sich bei der Einwohnerratsinitiative – dem Einwohnerrat, in unserem Fall der Gemeindeversammlung beantragt wird, im Sinn des Begehrens zu beschliessen. Das hat die Gemeindeversammlung im Juni auch getan.
§123 sagt dann, dass nichtformulierte Begehren der Volksabstimmung nicht unterliegen, wenn ihnen der Einwohnerrat, respektive die Gemeindeversammlung zustimmt. Nun hat die Gemeindeversammlung ja grundsätzlich zugestimmt. Dieser Beschluss wurde rechtlich nicht rückgängig gemacht, es wurde an der Oktober-Versammlung kein Wiedererwägungsantrag gestellt. Nur die Revision der Gemeindeordnung wurde abgelehnt. Es ist allerdings davon auszugehen, dass aus der Abstimmung von Gemeinderatsseite und von zahlreichen Stimmberechtigten her ein klares Votum gegen den Einwohnerrat abgegeben wurde. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass die Initiative zur Einführung des Einwohnerrates abgelehnt wurde.
In dieser Situation ist nur eine Lösung rechtlich haltbar, nämlich die Volksabstimmung, die das Gemeindegesetz in §123, Absatz 2 vorsieht. Ähnliche Situationen ereigneten sich 2005 in Muttenz und 2006 in Münchenstein. Das Gemeindegesetz wurde 1995 aufgrund eines Bundesgerichtsentscheides angepasst (§49a), um die Initiativrechte der Stimmberechtigten zu schützen.
Das Initiativkomitee fordert den Gemeinderat auf, die Vorbereitungen für diese Volksabstimmung unverzüglich an die Hand zu nehmen, damit diese bis spätestens 2. Mai 2012 durchgeführt werden kann.
[green_box]Anmerkung: Auch die Medien berichteten in der vergangenen Woche über den Streit um die Wiedereinführung des Einwohnerrates in Birsfelden, ob eine Volksabstimmung nötig ist oder nicht. Der Gemeindepräsident und sein juristischer Experte sagen, dass “keine Abstimmung über die Initiative mehr in Frage kommt”. Das sieht Daniel Schwörer, Leiter der Stabsstelle Gemeinden beim Kanton, aber anders. Er stützt die Haltung des Initiativkomitees. Was nun? Dabei wäre alles ganz einfach: Nicht zuerst die Gerichte bemühen, sondern baldmöglichst das Volk an einer Urnenabstimmung entscheiden lassen.[/green_box]